Das monetäre Dilemma der Gen Z
Und wie man diesem entgegenwirken kann
Im folgenden Artikel beschreibt unser Kollege Robin Denker signifikante Gründe, um die Diskrepanz in den Erwartungen der Arbeitgeber und der Bewerber: innen der GEN Z (Individuen, die zwischen 1997 und 2012 geboren sind) in einem Bewerbungsprozess zu verdeutlichen. Und wie man dieser Diskrepanz entgegenwirken kann.
In vielen Bewerbungsprozessen tritt die Problematik auf, dass Personen der GEN Z hohe Forderungen und Erwartungen an einen künftigen Abreitgeber stellen. Gerade die Frage der monetären Vergütung ist in vielen Prozessen eine haarsträubende Angelegenheit. Aber auch im Hinblick auf andere Benefits wie einen Firmenwagen sind sich die Parteien oft nicht einig.
Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis
Zuallererst und als exogener Einfluss definierbar spreche ich den demografischen Wandel an. Die Geburtenrate sinkt seit Jahrzehnten konstant (vgl. Statista 2021). Es gibt weniger potenzielle Bewerber*innen, somit trifft die GEN Z auf einen idealen Nährboden, um ihre Wünsche und Bedürfnisse durchsetzen zu können. Wer smart ist, weiß, die Zeit ist auf meiner Seite. Mein künftiger Arbeitgeber wird es langfristig nicht leichter haben, eine Fülle an weiteren Bewerber: innen zu finden.
Steigt die Nachfrage bei sinkendem Angebot, resultieren daraus steigende Preise. Eine grundlegende Regel, die man sehr schnell im (VWL-) Studium lernt. Wer das auf dem Zettel hat, hat bereits gute Karten, seine Forderungen zu platzieren. Verstärkt wird diese Tatsache durch die Digitalisierung. Die Gen Z ist Meister im Umgang mit digitalen Medien. Wer also richtig recherchiert, wird sich seines Wertes deutlich schneller bewusst. Hier lässt sich ein weiteres Argument für Forderungen der GEN Z erkennen. Vor der Digitalisierung hatte man nur bedingt Möglichkeiten, sich ausreichend zu informieren. Geschweige denn remote zu arbeiten, wie es heute ohne weiteres machbar ist. Man war abhängig von den örtlichen Gegebenheiten. Viele Informationen waren digital nicht einsehbar oder einfach gesagt noch gar nicht „da“. Heute hat jedes Unternehmen digitale Stellenausschreibungen, es gibt zig Jobportale, alles zugunsten der GEN Z. Eine endlose Masse an vakanten Positionen (ca. 14 Millionen Vakanzen global – alleine bei LinkedIN) führen dazu, dass die GEN Z ihre Forderungen nicht überdenken muss, sondern lediglich warten muss, bis das „richtige“ Unternehmen anklopft.
Gen Z trifft auf Gen X
Ein weiterer Punkt, der das eingangs beschriebene Dilemma befeuert, ist der „Gegenspieler“ der Bewerber: innen – die Geschäftsleitung. Anhand der Daten von Statista aus dem 2018 wird ersichtlich, dass die Geschäftsleitung im Schnitt ein Alter von 51,9 Jahre aufweist (vgl: Statista https://de.statista.com/statistik/daten/studie/182536/umfrage/durchschnittsalter-von-geschaeftsfuehrern-nach-bundeslaendern-und-geschlecht/). Diese Generation ist in einer Zeit aufgewachsen, in der Deutschlands Wirtschaftsleistung um ein Vielfaches schlechter war. Schaut man sich Zahlen von Statista an, lässt sich erkennen, dass das BIP in Deutschland von 1988 bis 2021 um approximativ 320% gestiegen ist (vgl: Statista https://de.statista.com/statistik/daten/studie/4878/umfrage/bruttoinlandsprodukt-von-deutschland-seit-dem-jahr-1950/). Folglich ist die GEN Z unter deutlich besseren Bedingungen aufgewachsen als die hier benannte Generation.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier
Zu diesem Schluss kam die Soziologin Dr. Aida Bosch in ihrem Werk „Psychologie & Gesellschaftskritik“ (2012). Das neuste Handy, ein Dazn Abo, Spotify, eine Abo Karte für die öffentlichen Verkehrsmittel und wöchentlich Essen gehen werden von der GEN Z vorausgesetzt.
Im Kontrast hierzu eine heute 52 Jahre alte Geschäftsführerin, die als junge Frau um 5:30 Uhr aufstehen und für einen geringen Lohn hart schuften musste. Folglich lässt sich ein enormer Unterschied in den Erfahrungen beider Parteien erkennen. Die GEN Z profitiert eindeutig von den Leistungen der vorherigen Generationen. Im Kontext zu Dr. Aida Bosch führt dieser Wohlstand zwangsläufig aber auch zu einer höheren Erwartungshaltung an den Lebensstandard.
Fluch der Digitalisierung
Ein aus meiner Sicht jedoch absolut zentraler Grund für die Forderungen der GEN Z ist das kapitalistische System, das im Kontext der Digitalisierung noch mehr Fahrt aufgenommen hat. Die Digitalisierung ist Fluch und Segen zugleich. Die GEN Z wird durch ihre Smartphones permanent mit neuen Produkten & Trends versorgt. Durch Influencer auf Social Media und Plattformen wie Instagram oder Tik ToK sorgen Unternehmen für einen unendlichen Durst nach den neusten Trends. Frühstück im Soho, die neuste Kollektion von Nike, ein BMW vor der Tür. Die digitale Welt erzeugt bei der GEN Z eine verzerrte Vorstellung der Realität. Wer sein Leben lang Influencern und Youtubern folgt, wird zwangsläufig dieselben Forderungen auch an sich stellen bzw. dieses Leben als solches normalisieren.
Sie eifern ihren Idolen nach und möchten in Sachen Lebensstandard nicht den Anschluss verlieren. Ständige Innovationen und neue Trends führen zu einer immer neu entstehenden Nachfrage. Wer das Tempo nicht halten kann, muss um seine gesellschaftliche Position bangen. Um das zu verhindern, stellt die GEN Z Forderungen an den Arbeitgeber, die im ersten Moment nicht nachvollziehbar sind. Aber in gewisser Weise die logische Konsequenz unserer gesellschaftlichen Konsumentwicklung und voranschreitenden Digitalisierung.
Wege, sich gar nicht erst in dieses Dilemma zu begeben
Dennoch lassen sich aus der Untersuchung mögliche Handlungspotenziale im Hinblick auf eine Minimierung der Diskrepanz in den Erwartungen zwischen der GEN Z und den Arbeitgebern ableiten.
Als Arbeitgeber muss man davon ausgehen, dass die GEN Z wenig bis keine Erfahrung im Arbeitsleben mitbringt. Ohne (berufliche) Bildung lässt sich ein Individuum sehr einfach von der Gesellschaft und / oder den Medien, egal welcher Güte, beeinflussen. Hier sei als Beispiel die amerikanische Midterm-Wahl zu nennen, bei denen erkennbar war, dass eine geringere Bildung signifikant mit der Wahl eines hier nicht namentlich genannten aber dennoch allseits bekannten Republikaners korreliert.
Social Media – Fern der Realität?
Wenn die GEN Z lediglich Einblicke in die Jobs von Influencern und Youtubern und wohlhabenden Personen, die im Mittelpunkt der Gesellschaft stehen, bekommt, leiten sich daraus natürlich ungerechtfertigte Erwartungen ab. Folglich wäre ein großer Schritt, aufeinander zuzugehen. Die GEN Z hat wenig Verständnis für die Motive einer Geschäftsleitung, die doppelt so alt ist wie sie selbst. Vice versa. Das Ziel muss es sein, beiderseits ein Verständnis für die Perspektive des Gegenspielers zu schaffen. Das versetzt beide Seiten in die Lage, Vertrauen und Transparenz zu schaffen, die das ein oder andere Problem eliminieren können.
Mein persönliches Fazit
Ich habe in meinem Leben diverse Bewerbungsgespräche geführt und würde im Nachhinein behaupten, mehr als zwei Drittel der Gesprächspartner*innen haben ihren Auftrag als Gesicht des Unternehmens verfehlt. Die Zeiten haben sich geändert. Nicht mehr nur ein/e Kandidat: in bewirbt sich, es bewerben sich beide Parteien. Man könnte der GEN Z vor Bewerbungsgesprächen bereits eine Einführung in die Welt des Unternehmertums geben. Denn das deutsche Bildungssystem ist aus meiner Sicht Stand jetzt nicht in der Lage, die GEN Z ausreichend auf das Berufsleben vorzubereiten bzw. das nötige Verständnis zu schaffen. Diese Meinung und Einsicht teile ich mit vielen anderen Personen, die sich in unterschiedlichen Lebensphasen (Master-Studium oder wie ich im Job) befinden.
Abschließend lässt sich sagen, dass mein Gedankenspiel die Probleme natürlich nur oberflächlich ankratzt. Schulreformen oder eine größere Investition in Aufklärungsorganisationen bieten viele Möglichkeiten. Die bedarf jedoch einer intensiven Auseinandersetzung mit den Daten und Fakten. Der erste Schritt in die richtige Richtung ist eine transparentere und empathischere Kommunikation. Wir alle sind Menschen mit Ängsten, Bedürfnissen und Wünschen. Wenn wir freier und verständnisvoller über diese sprechen, sind wir auf einem guten Weg.