Job-Ghosting: Warum man nicht jedem Trend nachlaufen muss
5 konkrete Handlungsempfehlungen unseres Teams, wie Sie sich gegen Job-Ghosting wappnen
Ja, manchmal fühlen auch wir Personalberater uns ein wenig wie Magier, wenn wir das passende Profil zum perfekten Zeitpunkt aus dem Hut zaubern. Umgekehrt funktioniert der Trick jedoch auch. Das nennt sich dann Bewerber-Ghosting oder Job-Ghosting. In diesem Fall lassen jedoch wir nicht einfach mittels einer Illusion einen Person vor den Augen unserer Kunden verschwinden. Dafür sorgen die Kandidat*innen in der Regel selbst. Und überraschen auch uns Recruiter damit immer wieder auf’s Neue.
Job-Ghosting wird für Unternehmen zum Problem
Einer der prägnantesten Trends im Rekrutierungsbereich der letzten Jahre ist unzweifelhaft das Phänomen des „Job-Ghostings“. Job-Ghosting beschreibt das unerwartete und plötzliche Abtauchen von Bewerber*innen, mit denen bereits intensive Gespräche und Verhandlungen geführt wurden. Dieses Verhalten kann in jeder Phase des Einstellungsprozesses auftreten. 2019 legte das Online-Jobportal Indeed umfassende Ergebnisse einer Befragung vor, die sowohl Unternehmen als auch Bewerber*innen zum Thema Job-Ghosting befragte. https://www.spiegel.de/start/ghosting-im-job-wenn-der-bewerber-ploetzlich-weg-ist-a-cf1ce51f-16be-4682-a8e8-3450fe236671
Verbreitung von Job-Ghosting: über 80% betroffen
Das Ergebnis, über 80% der befragten Unternehmen wurden bereits in unterschiedlichster Form vom Bewerber*innen geghostet. Sei es an einer bestimmten Stelle des Bewerbungsprozesses oder worst case sogar so, dass neue Mitarbeitende gar nicht erst am ersten Arbeitstag erschienen. Die Person hat sich für seinen zukünftigen Arbeitgeber sozusagen „gespenstisch“ gemacht, um einen anderen Job anzunehmen. Oder einen gänzlich anderen Weg einzuschlagen, ohne dies zu kommunizieren.
Ein starker Arbeitsmarkt kann größtenteils für die steigenden Geisterraten der Kandidat*innen verantwortlich sein. Rekordtiefe Arbeitslosenquoten, höhere Einstellungen für Absolvent*innen und die Möglichkeit der Gen Z, aus mehreren Stellenangeboten zu wählen, haben die Wirtschaft zum Kandidatenmarkt gemacht. Eine negative Erfahrung mit Bewerbungsprozessen könnte jedoch auch für die Zunahme der Geisterbilder von Kandidat*innen verantwortlich sein. Glücklicherweise gibt es viele Möglichkeiten, den Einstellungsprozess zu optimieren und die Retention-Raten für Bewerber*innen zu verbessern.
Wir haben uns dazu eingehend Gedanken gemacht und schildern Ihnen hier fünf konkrete Möglichkeiten, um Job-Ghosting zu verhindern. Basierend auf verschiedenen Phasen des Rekrutierungsprozesses.
5 Strategien zur Vermeidung von Job-Ghosting im Rekrutierungsprozessprozess
1. Entwickeln Sie eine transparente Strategie zur Talentakquise und kommunizieren Sie timelines
Die beste Strategie im War for Talents beginnt mit einer Rekrutierungsstrategie, die auf Transparenz und Kommunikation basiert. Der beste Weg besteht darin, mit Ihrem Team Ihre Anforderungen für jede Einstellung klar zu definieren und sicherzustellen, dass Sie die Bewerber*innen von Anfang an auf dem Laufenden halten. Teilen Sie Ihren erwarteten Zeitplan mit und geben Sie ihnen einen Überblick darüber, wie der Interviewprozess aussehen wird.
Diese Art von Strategie steigert nicht nur den Erfolg Ihrer Rekrutierungsbemühungen sondern kann Ihnen auch dabei helfen, die Geschichte Ihrer Arbeitgebermarke auf authentische Weise zu erzählen. Ein zusätzlich positiver Effekt daran – es unterstützt dabei, Ihre Bewerber*innen zu Ihren größten Fans und ggf auch Kunden zu machen. Tatsächlich erfahren wir stets eine sehr positive Resonanz von Bewerber*innen, die eine klare Transparenz im Prozess mit Unternehmen erfahren und sich dadurch abgeholt und wertgeschätzt fühlen. Selbst wenn sie den Job nicht bekommen.
2. Personalisieren Sie Ihren Bewerbungsprozess
Bewerber*innen möchten als individuelle Personen behandelt werden, nicht als Zahlen in einer Bewerberdatenbank. Zu diesem Zweck sind Personalisierung und persönliche Interaktion von größter Bedeutung. Das Feedback aus unseren unzähligen Rekrutierungsprozessen zeigt, dass oft eine negative Meinung zu Arbeitgebern entsteht, die sich auf unpersönliche Interviewmethoden verlassen. Es ist zwar unrealistisch anzunehmen, dass Ihr Unternehmen beispielsweise in Zeiten einer Pandemie jede/n Bewerber*in von Angesicht zu Angesicht treffen kann, aber eine persönliche Interaktion ist in jeder Interviewphase unerlässlich. Geben Sie die Möglichkeit, mit (Fach-)Vorgesetzten und Mitarbeiter*innen (persönlich) zu sprechen, damit sie sich umfänglich über das Unternehmen informieren und sich auch ein Bild auf persönlicher Ebene machen können. Besonders die persönliche Ebene hat noch einmal an Bedeutung gewonnen seit der Covid-19.
3. Beziehen Sie die Karriereziele und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten in das Gespräch mit ein
Denken Sie im Hinblick auf Interviews daran, dass ein Gespräch nicht nur die Unternehmensziele betreffen sollte. Die Bewerber*innen interviewen auch Sie als Unternehmen und möchten wissen, inwiefern auch die Arbeit ihren eigenen zukünftigen Zielen entspricht. Insbesondere bewerten Personen der Generation Z berufliche Entwicklungsmöglichkeiten als Hauptgrund für die Annahme eines Stellenangebots. Sie priorisieren ihr Lernen und ihre Entwicklung mehr als andere Faktoren wie Vergütung und Unternehmensprestige. Mit anderen Worten, der/die Interviewer*in sollte nicht nur fragen, was der/die Bewerber*in für das Unternehmen tun kann. Sondern auch darstellen können, was das Unternehmen zu bieten hat. Zeigen Sie auf, welche Entwicklungsprogramme Sie bieten und wie transparent die Möglichkeiten der fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung innerhalb Ihres Unternehmens sind.
4. Bieten Sie zusätzliche Vorteile, wenn Expert*innen für Ihre Branche sehr gefragt sind
Sofern Sie in einer schnell wachsenden Branche einstellen, in der die Nachfrage nach Expert*innen das Angebot übertrifft, muss Ihr Unternehmen möglicherweise noch mehr auf den Tisch bringen. Ein Person, der sich mit mehreren Unternehmen im Bewerbungsprozess befindet, erhält wahrscheinlich mehrere Angebote. Sie sollten also sicherstellen, dass sich Ihr Angebot von anderen abhebt. Für Branchen, in denen spezialisierte Expert*innen sehr gefragt sind, ist es das Minimum, ein wettbewerbsfähiges Gehalt anzubieten. Möglicherweise möchten Sie zusätzliche Vergünstigungen in Betracht ziehen. Zum Beispiel einen Unterzeichnungsbonus, flexible Arbeitsregelungen oder gezielte berufliche Entwicklungsmöglichkeiten (beispielsweise die Erstattung von Studiengebühren). Rücksprache mit Ihrem Recruiting-Team oder externen Quellen wie Personalberatern bieten Ihnen die Möglichkeit der Informationsgewinnung in diesem Bereich, sofern Ihnen die Transparenz fehlt.
5. Versenden Sie rechtzeitig Angebotsschreiben
Last but not least – verlieren Sie keine Zeit damit, ein Vertragsangebot zu verschicken. Studien zeigen, dass ein Großteil der Bewerber*innen das erste Angebot annimmt, das sie erhalten haben. Wenn Sie also zu lange warten oder Ihre Prozesse es nicht zulassen hier schnell zu sein haben Sie möglicherweise die Gelegenheit verpasst, diesen Traumkandidaten zu rekrutieren. Sie müssen das Angebot nicht sofort nach dem letzten Interview aus dem Hut zaubern. Aber zumindest sollten Sie zeitnah nach der finalen Interviewrunde ein mündliches Angebot aussprechen, gefolgt von einem formellen schriftlichen Angebot (Vertrag oder LOI – Letter Of Intent). Darüber hinaus sollten auch jene Bewerber*innen informiert werden, die es in die Endrunde geschafft hat, jedoch kein Angebot erhalten wird. Sie wissen nie, wann sich dies Person erneut bei Ihnen bewerben will. Daher sollten Sie die Zeit investieren, stets einen positiven Eindruck zu hinterlassen.
Fazit: Respekt und offene Kommunikation minimieren Job-Ghosting und verbessern die Bewerbungserfahrung
Schlussendlich lässt sich zusammenfassen: Während Bewerber*innen offener gegenüber Recruitern sein und weniger zu Job-Ghosting neigen sollten, müssen Recruiter im Gegenzug die Zeit ihrer Bewerber*innen respektieren und diese zu jedem Zeitpunkt im Rekrutierungsprozess abholen. Letztendlich sorgt eine zeitnahe und respektvolle Kommunikation sowohl auf Bewerber- als auch auf Recruiterseite für eine angenehmere Bewerbungserfahrung.